"So so, meine Hilfe will sie also?" dachte sich Beatrice, als ihre Angestellte nun bittend vor ihr stand. Normalerweise wäre ihr natürlich nicht im Traum eingefallen, ihre eigene Zeit für dieses Kind zu opfern. Doch bei diesem Fest war Alexa natürlich wie eine Art zweite Repräsentantin ihres Hauses; und dafür war es notwendig, dass sie sich gescheit zu präsentieren wusste. Also beschloss Beatrice, ihr ein klein wenig Unterricht zu geben.
"Also zuerst einmal musst du aus diesen Klamotten heraus.. Für eine Feier sind die absolut ungeeignet. Mal sehen. Probier einmal dieses weisse Sommerkleid an. Es ist verspielt, aber nicht zu kindlich. Und obwohl sich deine roten Haare mit vielen Farben beissen, so besteht bei dem weiss wohl keine sonderlich große Gefahr, dass es sich irgendwie als unpassend erweisen könnte." Beatrice reichte ihr das Kleid und das naive Kindchen griff dankbar danach. Während sie sich umzog, überlegte Beatrice, was man mit ihren Haaren anstellen könnte, ohne dass sie durch und durch spiessig, langweilig oder kindlich aussah. Die simplen Zöpfe, welche Alexa oft wegen ihrer Simplicität bevorzugte, waren hier absolut unmöglich zu tragen.
Als Alexa in dem weissen Kleid heraustrat, war Beatrice kurz erstaunt über ihre weiblichen Kurven. Die übersah man bei dem jungen Ding in ihren unvorteilhaften Klamotten oftmals. Dann griff Beatrice in Alexas Haare und begann sie zu frisieren. Eine Hochsteckfrisur sollte es werden, denn sie war elegant, schön anzusehen und weniger aufwändig, als es den Anschein hatte. Eine solche Hochsteckfrisur sah einfach i-de-al und immer passend aus. Rein zufällig trug auch Madame Beatrice selbst oftmals solche Frisuren..
Als die Frisur fertig war und Alexa sich umdrehte, war Beatrice noch erstaunter als bei dem Kleid. Die Gesichtszüge des Mädchens kamen nun ganz anders zum Vorschein! Beatrice beneidete das Mädchen um ihre reine, frische Haut und die großen Augen. Viel Make up wäre hier unangebracht. Sie werkelte bloss ein wenig an ihren Augen herum und brachte ein bisschen Glanz auf ihre Lippen, dann war das kleine Ding fertig.
Beatrice lächelte zufrieden. "Wir sind fertig, schau dich an!" Als Alexa sich zum Spiegel drehte, musste Beatrice sie schnell an den Armen festhalten, damit sie vor Erstaunen nicht umfiel. Beatrices einziger Gedanke war: "Wehe, wenn mir wegen dir ein Fingernagel abbricht!"
Beatrice hörte, wie die Tür geöffnet wurde. Also kam Alexa endlich zurück. Wurde auch Zeit, sie hatte noch viel zu erledigen! Beatrice wusste zwar selbst nicht, was zu erledigen war; aber irgendwas stand bestimmt an. Tatsächlich liefen die Geschäfte in den letzten Wochen nicht besonders gut; einige Geschäftsleute waren umgezogen und zogen es vor, künftige Geschäfte, woanders abzuwickeln. Da es ihnen nicht an Geld mangelte, musste sie sich darum nicht kümmern, doch mit all der Zeit (und sich selbst) wusste Beatrice nicht viel anzufangen. Darum hatte sie ein stärkeres Auge auf ihre Mitarbeiter als früher und besonders auf Alexa; welche daraus bestimmt einen Vertrauensbruch wegen dieser einen Nacht neulich schloss. Ausserdem hatte sich Beatrice auf die Rache für den Betrug ihres Mannes konzentrieren können... Diese Dirne würde schon sehen, was sie davon hat. Sie musste nun nur noch diese Lucky für sich gewinnen, ihre Sympathie an sich ziehen, damit sie ihre Rachepakete bei ihr einpacken lassen konnte und so ihre Opfer weniger Verdacht schöpfen. Irgend einen kleinen Gefallen würde sie sich einfallen lassen, damit Lucky keine Fragen stellt. Irgendwas..
Aufgeregt lief Beatrice die Treppe hinauf. Was war das nur für ein Tag? Erst erschien dieser Butler und dann brachte Alexa all dies fremde Gesindel in ihr Haus! Waren denn alle verrückt geworden?! Sie versuchte noch ein paarmal, ihren Mann zu erreichen, doch die Versuche schlugen fehl. Dies reizte Beatrice umso mehr. Sie hatte genug für einen Tag erlebt. Sie ging in ihr Schlafzimmer, holte etwas Baldrian aus ihrem Nachtschrank, nahm eine gute Dosis und legte sich dann hin. Dieser Tag sollte endlich ein Ende haben.
Beatrice hatte gerade versucht, ihren Mann zu erreichen. Während sie in der Leitung wartete, hörte sie immer mehr Geräusche von unten. Zuerst hatte sie simpel angenommen, dass Alexa heimgekommen war. Dann glaubte sie, noch mehr Stimmen zu suchen. Doch Alexa war nicht der Typ, der einfach etwas unerlaubtes tat. Dann jedoch hörte sie lautes Gerumpel und noch mehr Stimmen. Und ihr Mann meldete sich auch nicht! Wütend knallte Beatrice den Hörer auf den Tisch und öffnete wutentbrannt die Tür und lief mit forschen Schritten die Treppe herunter. Und da sah sie auch schon eine Horde fremder Leute in ihrem schönen Saloon sitzen. Sie sah die Überreste einer Porzellantasse und Flecken auf dem Boden, ein junger Herr der dort kniete, um die Misere zu lindern und Alexa, die hilflos dort stand. Alexa! Die konnte was erleben.
"Was ist hier los?! Alexa! Ich erwarte dich in der Küche!" Beatrice versuchte, ihre Wut ein wenig zu zügeln, doch es gelang ihr nur schwer. Was war denn hier los?! Einmal gab sie Alexa einen freien Tag und schenkte ihr (gegen Bezahlung, wie sie noch erfahren würde) ihren Hut und das war der Dank? Das war der Dank??
Als Alexa schließlich mit hängendem Kopf in die Küche kam, hielt Beatrice ihr eine gehörige Standpauke. Es hörte sich weniger so an, als würde eine Angestellte ausgeschimpft, sondern vielmehr als würde eine Mutter mit ihrer übermütigen Tochter reden. Doch Beatrice merkte schnell die ehrliche Reue, die Alexa verspürte und als diese erklärte, wie es zu dieser Situation gekommen war und es zur Demonstration auch noch blitzte und donnerte, lenkte Beatrice ein wenig ein.
"Nun gut." fing sie an. "Über dein Verhalten und deine Entscheidungen sprechen wir uns morgen. Die anderen dürfen heute Nacht hier übernachten. Stell ihnen bitte die Sachen, die sie benötigen, bereit. Die Dinge, die bisher kaputt gegangen sind, werde ich dir von deinem Gehalt abziehen. Sorge bitte dafür, dass ansonsten nichts mehr kaputt geht. Und ich erbitte mir etwas mehr Ruhe, denn ich muss mich auf meine Arbeit konzentrieren. Nun steh nicht so rum, mach dich an deine Arbeit! Alles weitere werden wir morgen besprechen." Mit dieser glimpflichen Rede wollte sie Alexa vorerst davon kommen lassen.
Nun wollte sie erst einmal wieder einen fremden Detektiv aus einer weit entfernten Stadt anrufen, um ihn der Beschattung ihres Mannes zu beauftragen. Sie hatte schon mehrfach seine Dienste in Anspruch genommen und sie schätzte seine diskrete und ordentliche Arbeit. Sie erhoffte sich in den nächsten Tagen ein Ergebnis, damit sie sich in Ruhe ihre Rachepläne überlegen kann. Hoffentlich würden sie nur diese Spiralstadtleute nicht dabei stören!
Beatrice lief die Treppe hinauf, nicht zu hastig, weil dies ungehalten erscheinen würde, aber doch schnellen Schrittes. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt und sie war ernsthaft erregt. Wie hatte er nur so etwas tun können! Sie hatte das Telefonat mit ihm fast vergessen, aber nun würde sie ihm die Meinung geigen.
Sie würde herausfinden, wo er in den letzten Wochen gewesen war. Und dann würde sie ein paar Detektive engagieren, damit diese herausfinden, wer das Flittchen gewesen war, welche diesmal "eine unbedeutende Nacht" seiner Meinung nach "provoziert" hatte. Wobei er mit dieser Aussage vermutlich nicht einmal falsch lag, denn nicht nur dass er nicht allzu schlecht aussah, doch vorallem sah man ihm den Reichtum an. Und Frauen lieben Reichtum. Und sie würden sich ihm vermutlich auch an den Hals werfen, wenn er 20 Jahre älter wäre, solange sie auf einen finanziellen Vorteil hoffen konnten.
Bisher hatte sie meist mit verschiedenen Hausmädchen ihre Rachetaktiken geplant. Stets unter dem Siegel der Verschwiegenheit- auch sie wusste, wie man Leute finanziell bestechen konnte, damit diese nichts taten was einem schaden konnte. Sie zweifelte nicht daran, dass nie wieder ein Wort über die Lippen ihrer Angestellten kommen würde.
Leider war der Verschleiß ihrer Angestellten nur offensichtlich. Denn gerade in den letzten Wochen war Beatrice oft gereizt gewesen, weshalb neben Alexa und dem neuen Butler nur zwei ältere Damen hier im Haushalt halfen, doch diese waren sicherlich nicht für solche Spielchen geeignet.
Sie würde also entweder mit ihren eigenen Ideen vorlieb nehmen müssen, oder aber sie musste das Risiko eingehen, jemand neues in ihr Spielchen einzuweihen. Jemand, der nicht in diesem Haus lebte. Doch konnte sie das tun? Und selbst wenn- gab es überhaupt jemanden in der Spiralstadt, der dazu infrage käme? Wobei vielleicht gerade jemand außerhalb der Spiralstadt sicherer wäre, damit ihr Geheimnis auch ein Geheimnis bleiben konnte. Wie kompliziert! Die letzte Haushälterin hätte sie vielleicht nicht feuern sollen, denn so schluderig sie gewesen sein mag, kreativ war sie..
Beatrice schüttelte sich, um den Gedanken zu entfliehen und führte erst einmal ein Telefonat, um alles über diesen Mann an ihrer Tür herauszufinden, was sie wissen musste.
An der Tür klingelte es. Beatrice schenkte dem zunächst nicht viel Beachtung, doch dann erinnerte sie sich, dass Alexa ja nicht da war um die Tür zu öffnen und sie auch sonst keinem der Angestellten den Auftrag gegeben hatte, sich darum zu kümmern.
Sie ärgerte sich ein wenig über diese Unachtsamkeit. Nicht nur dass sie nun ihre Arbeit unterbrechen musste, nein, sie musste die Tür ja selbst öffnen! Wie sah das denn aus? Was sollten die Leute denken?? Sie hörte in ihrem Kopf schon jetzt die neuesten Gerüchte in der Stadt- "Die van Bastens haben so viel Geld verloren, dass sie alle Hausmädchen gefeuert haben und all die dreckige Hausarbeit nun selbst erledigen müssen!!" Beatrice verzog das Gesicht. Einfach grässlich!
Doch sie wollte sich diesen Gedanken nicht hingeben, denn sie entlockten einem unschöne Falten. Also öffnete Madame Beatrice die Tür und vor ihr stand ein älterer, nett dreinblickender Mann. Beatrice war gut darin Menschen einzuordnen und ihr war klar, dass dieser Mann definitiv ein Arbeiter war. Seine Kleidung, seine Haltung, sein Blick, viel zu viel verriet ihn. Doch was hatte das zu bedeuten?
Da durchfuhr es Beatrice kalt. Das hatte ihr Mann Sebastian also gemeint, als er ihr schrieb, er würde dafür sorgen dass er ein Geschenk für Beatrice habe. "Keine Sorge, kein Schmuck, sondern etwas sinnvolles, etwas was dir helfen wird! Dann musst du nicht mehr so viel allein machen" Und nun stand er da. Er hatte noch nichts gesagt, doch das brauchte er auch nicht, denn sie hatte diese Situation oft genug erlebt.
Beatrice ballte ihre Faust. Es stört sie natürlich nicht, noch eine weitere Haushaltskraft einzustellen, erst vor zwei Wochen hatte sie diesen unfähigen Typen gefeuert und selbst wenn es anders wäre, im Anwesen war mehr als genug Platz. Auch störte sie dieser Mann an sich nicht.
Doch sie wusste schließlich nur zu gut, was er zu bedeuten hatte. Sie wusste, was ihr Mann ihr erzählen würde wenn er wiederkam. "Es war nur ein Ausrutscher, Schatz!" "Eine bedeutungslose Affäre, Schatz!" "Es hatte wirklich nichts zu bedeuten, Schatz!" "Lass mich mit deinem Schatz!" schrie sie in ihrem Kopf. Er hatte sich verändert. Nicht, dass sie ihn geliebt hätte, doch die Affären hatten doch deutlich zugenommen. Sie würde diese.. Prostituierte finden und es ihr heimzahlen. Und zwar sehr. Und Sebastian würde sie es auch zeigen. Was fiel ihm ein?? Er hatte doch SO eine Schönheit zuhause! Nicht, dass sie sonderlich Interesse daran hätte, doch es ging ums Prinzip. Es gab keine Person die man ihr vorziehen könnte, sie war die perfekte Ehefrau!
Da fiel ihr auf, dass sie noch nichts zu diesem Mann gesagt hatte. Natürlich konnte sie sich nicht die Blöße geben nicht zu wissen, was in ihrem Haus vorging. Also tat sie so, als wäre sie bestens informiert.
"Ah, da sind Sie ja! Ich habe Sie schon erwartet. Ihr neues Zimmer befindet sich im ersten Stock, also dort die Treppe hoch und dann links, die erste Tür ist es. Ihre erste Amtshandlung als Angestellter wird es sein, ihre eigenen Koffer hochzutragen! Ansonsten haben Sie natürlich vorerst erst einmal etwas Zeit für sich. Lernen Sie die Stadt und ihre Anwohner kennen. Und.." sie erinnerte sich, dass es unnötig war, Angestellte zu siezen "Schließ bitte die Tür, wenn du hereinkommst. Wenn feststehen sollte, dass du hier bleibst, bekommst du natürlich auch einen eigenen Hausschlüssel. Bis dahin muss ich dich bitten, einfach zu klingeln. Sollte es noch irgendwelche Fragen geben, frag bitte andere Angestellte, am besten Alexa, die weiß über alles Bescheid. Sollte niemand die Antwort wissen, kann ich nach dem Abendessen gefragt werden. Doch vorher möchte ich -von nun an- nicht behelligt werden."
Mit diesen Worten ließ sie Francois, der noch kein Wort gesagt hatte. einfach stehen. Sie beschloss, sofort ihren Mann anzurufen und zu fragen, was das soll - und den Namen dieses Mannes in Erfahrung zu bringen, um sich nicht anmerken zu lassen, dass sie für einen kurzen Moment keine Kontrolle gehabt hatte.
Beatrice hörte, wie jemand die Eingangstür öffnete. Sie fragte sich wer das sein konnte, doch als sie ein lautes Plumpsen hörte, wusste sie Bescheid. Also war Alexa wieder da und war wieder mal die Stufen nahe der Tür heruntergefallen! Das passierte ihr immer, wenn sie aufgeregt war.
Beatrice schüttelte lächelnd den Kopf. Sie hatte einen guten Tag, weshalb sie diese Tollpatschigkeit ihrer Angestellten übersehen konnte. Sie war eine überraschend gute Sklav.. äh, Hausmädchen. Sie stolperte zwar oft, gerade wenn sie nervös war, doch im Vergleich zu den letzten Jahren hatte sie sich sehr gesteigert. Außerdem musste man ihr zugutehalten dass sie nicht nur sehr lernfähig war, sondern sie offen für viele verschiedene Bereiche war, weshalb sie Beatrice eine wichtige Hilfskraft war und zu den wenigen im Haus gehörte, die eine feste Anstellung im Haus hatte um welche sie nicht bangen konnte.
Und da kam sie auch schon hereingeschneit, mit hochrotem Kopf und verbeugte sich kurz. "Entschuldigen Sie, Madame!" sagte sie keuchend, doch Beatrice winkte ab. "Was ist denn los, Kind?" fragte Beatrice. Alexa hatte Glück, dass Beatrice gerade nichts zu tun hatte, denn ansonsten hätte sie sich wohl kaum um die Sorgen ihres Hausmädchens interessiert.
Alexa, welche nicht alle Peinlichkeiten erzählen wollte, erklärte in wenigen Sätzen, das sie zu einem Picknick mit einem werten Herren eingeladen worden war und sie sich darum umziehen müsse. Beatrice lächelte ein wenig über den naiven Enthusiasmus dieser Kleinen.
Sie war so.. anders. Und wirklich hübsch. Allerdings noch so klein und zierlich, mehr Kind als Dame. Nicht wirklich mit einer Blume zu vergleichen, eher mit einem Spross! Wäre Alexa fünf Jahre älter, hätte Beatrice vermutlich nicht einmal im Traum daran gedacht, ihr zu helfen. Doch so fand sie einen gewissen Gefallen daran- sie betrachtete es als eine Art Übung, welche ihr ihren Sinn für Schönheit und Ästhetik bestätigen konnte.
Sie schickte Alexa in ihr Zimmer, damit sie ihr grünes Sommerkleid anziehen konnte. Währenddessen suchte sie einen Strohhut und ein farblich passendes Band. Dies war natürlich kein Geschenk für dieses Arbeiterkind - wer würde so etwas JE anmaßen?! - sondern lediglich eine Anleihe. Alexa würde dafür ein wenig mehr arbeiten müssen. Das würde sie ihr allerdings erst am nächsten Tag sagen..
Alexa kam in den Raum. Dieses Kleidchen war tatsächlich sehr süß. Man würde sie niemals als erwachsen erachten! Niedlich. Beatrice kicherte und schmückte das Mädchen mit Hut und Band. "Eine vorzügliche Wahl!" lobte sie sich selbst. Dann öffnete sie ihr die Zöpfe und Alexa kämmte ihre Haare ein wenig. Alles war sehr schlicht und kein wenig aufdringlich, aber durchaus süß und angemessen für ein kleines Picknick. Beatrice schmunzelte und musste sich fast ein Lachen verkneifen. Alexas Nervosität war unübersehbar und sie würde am liebsten selbst am Picknick teilnehmen, nur um zu sehen, was genau passiert.
Allerdings verzichtete Beatrice gern darauf, sich auf den Boden zu setzen und "irgendwas" zu essen. Darum sah sie Alexa zu wie sie einen Picknickkorb mit ein paar Leckereien füllte (und dabei dreimal stolperte, doch auf wundersame Weise schaffte sie es, nichts zu Boden zu bringen) und dann hektisch aus der Tür stürmte.
Ein paar Sekunden war es still. Dann stürme Alexa noch einmal kurz zurück, verneigte sich vor Beatrice und rief "Ich danke Ihnen sehr, Madame! Wirklich, vielen Dank!"
Und mit diesen Worten stürmte sie wieder hinaus und Beatrice fühlte in dem Moment aus irgendeinem Grund Stolz für das kleine, rothaarige Mädchen.
Ihr Name ist Beatrice Van Basten. Sie ist 37 Jahre alt (wobei sie durch die vielen Schönheitskuren, welche sie in ihrer Eitelkeit vollzieht, jünger aussieht) und lebt mit ihrem Mann Sebastian Van Basten in einer kleinen Villa in der Spiralstadt.
Nun, den Satz „mit ihrem Mann“ muss man an dieser Stelle eventuell in Zweifel ziehen. Denn Sebastian ist ein Geschäftsmann und reist viel umher, weshalb er nur wenige Tage im Jahr überhaupt in der Spiralstadt anzutreffen ist. Und selbst an diesen Tagen bekommt seine Frau ihn kaum zu Gesicht, denn dann verzieht er sich in sein privates Arbeitszimmer -welches in seiner Abwesenheit natürlich nicht betreten werden darf. [Sebastian Van Basten ist mit seinen 57 Jahren um einiges älter als seine Frau Beatrice, was durch ihr junges Aussehen verstärkt wird. Um dies zu kaschieren, hält sich Sebastian durch Sport in Form und trägt ein schwarzes Kurzhaar- Toupet, um seine wachsende Glatze zu verdecken.] Nur zum gemeinsamen Essen und in seltenen anderen Momenten verbringt Beatrice direkt Zeit mit ihrem Mann.
Doch dieser Aspekt ist Beatrice nicht ganz unrecht. Sie und ihr Mann haben ein unausgesprochenes Abkommen. Beatrice kümmert sich um das Geschäft in der Spiralstadt, zeigt sich in der Öffentlichkeit von ihrer besten Seite und ist eine fürsorgliche und achtvolle Ehefrau für ihren Mann.
Dafür steht ihr das Vermögen ihres Mannes offen und es ist ihr frei, ihre Zeit so zu gestalten wie es ihr beliebt [solange sie ehrenvollen Sachen nachgeht und sie nichts tut, was dem Ruf der van Bastens schaden könnte]. Sie lebt in Reichtum, hat Bedienstete und nur das frischeste Essen sowie die schönsten Kleider werden für sie hergerichtet. Außerdem stehen in ihrem Haus einige sehr wertvolle Mitbringsel aus verschiedenen Ländern, welche ihr aufmerksamer Mann ihr mitbrachte.
Charakter:
Beatrice hat als Kind eine sehr strenge und Disziplin- sowie leistungsorientierte Kindheit erfahren, was ihren Charakter nachhaltig deutlich geprägt hat.
Sie ist selbstkritisch und gewissenhaft. Sie ist sehr auf ihr Aussehen bedacht –um nicht zu sagen extrem eitel. Sie betreibt jeden Morgen strenge Körpergymnastik und achtet sehr auf die Mengen des Essens, um ihren dünnen Körper zu behalten. Außerdem braucht sie eigentlich eine Brille, doch sie ist zu eingebildet um diese in der Öffentlichkeit zu tragen. Der einzige Ort, wo sie ihre Brille trägt ist ihr Arbeitszimmer, wo sie von niemandem außer ihrer Bediensteten Alexa gesehen wird [welche selbstredend zu absolutem Stillschweigen verpflichtet ist]. Selbstredend ist der Schmuck, welcher sie am Körper trägt, stets echt- sie würde sich niemals dazu herablassen, falsche Perlen oder nur vergoldete Ohrringe zu tragen.
Sie verabscheut Banalitäten wie kindliches Herumkichern oder irgendwelche niedere, humoröse Aussagen, welche die Leute belustigen sollen [es aber nicht tun]. Obgleich sie oberflächliche Gespräche bevorzugt, da sie die Nähe anderer Menschen fürchtet und nur den schönen Schein zu wahren versucht, so freut sie sich insgeheim doch über jedes kulturell niveauvolle Gespräch, welches sich ihr in einem zufälligen Moment vielleicht ermöglicht.
Familie und Vergangenheit:
Über Beatrice Familie sowie ihrer Vergangenheit liegt ein großer Schatten. Niemand weiß, woher genau sie kommt oder wo der Rest ihrer Familie lebt. Mit zarten 17 Jahren zog sie mit ihrem frisch angeheirateten Ehemann in die Spiralstadt und es ist, als hätte ihr Leben zuvor gar nicht stattgefunden.
Liebe und Rache:
Beatrice weiß, dass ihr Mann sie (zumindest damals) mehrmals betrogen hat. Der Betrug lässt sich an ihrem persönlichen Reichtum messen. War es nur eine einmalige Affäre, war ein kleiner Diamantring genug. Doch das Zimmermädchen, mit dem er sich über mehrere Wochen und Monate hinweg vergnügt hatte, waren gleich eine wertvolle Perlenkette und dazu passende, individuell ausgearbeitete Perlenohrringe wert. Andere Frauen hätten wohl Theater gemacht und ihren Mann vielleicht sogar verlassen, doch Beatrice verlor kein Wort darüber. So, wie ihr Mann ihr nie über Worte etwas gesagt hatte, so hat sie ihn niemals darauf angesprochen.
Sie liebte ihn nicht- es stand außer Frage, dass sie ihn geheiratet hatte, weil es ihr einen großen Nutzen erwiesen hatte. Doch sie wollte ihre Ehre als Frau bewahren, weshalb sie es verstand, jede einzelne der Affären ausfindig zu machen und dafür zu sorgen, dass diese liederlichen Frauen ihre Lektion erhielten. Diese Momente, in welchen sie ihre Rache plante, waren die wenigen Momente, in denen sich Beatrice wirklich lebendig fühlte und sie ihre trotzige Wut ausleben konnte wie sie wollte- was sie auf bizarre Weise glücklich machte.
Und so blieben die beiden ein hoch angesehenes sich „liebendes“ Ehepaar, die sich ohne Worte verstanden.
Aussehen [und Opfer dafür]:
Beatrice ist sehr versessen auf ihre Schönheit und tut viel dafür. Sie hat sehr lange, dunkelblonde Haare, welche jeden Tag mit 100 Bürstenstrichen gepflegt werden müssen. Außerdem hat sie die Schönheitskur einer Kaiserin übernommen, nach welcher sie alle 3 Wochen ihre Haare mit einer Essenz aus Cognac und einem Ei „verwöhnt“. Doch sie trägt ihre Haare nur selten offen, sie bevorzugt (teils komplizierte) Hochsteckfrisuren, da sie der Ansicht ist, dass ihr dadurch Seriosität verliehen wird.
Sie weiß viel über den menschlichen Körper- und wie man ihn richtig zur Geltung bringt. Sie probiert vieles aus, um sich ihre Schönheit und ihre Jugend zu wahren. Wenn sie das Gefühl hat alt zu werden, wendet sie eine sehr alte Technik an- Sie legt sie sich nachts ein wenig gepresstes Rindfleisch ins Gesicht. Sie ist überzeugt, dass dieses „Zaubermittel“ ihre Falten verschwinden lässt und dadurch außerdem ihre nussbraunen Augen heller strahlen.
Sie ist zwar die Einzige, die solche Schönheitsmakel wahrnimmt, welche sie so dringend auszumerzen versucht, doch letztlich ist dieser Schönheitswahn ein Teil von ihr.
Sie trägt gerne lange, edle Kleider, welche sie mehrmals am Tag wechselt. Dies lag unter anderem daran, dass sie nach einigen Stunden zu schwitzen begann- was sie natürlich niemals zugeben würde. Denn natürlich wechselte sie ihre Garderobe nur der Optik wegen. Denn eine Lady wie sie schwitzt nicht.
Nie würde sie es wagen, auch nur ein Staubkrümel an ihrer Kleidung zu dulden. Bereits drei Hausmädchen hatte sie entlassen, weil sie ihre Kleider nicht perfekt gebügelt hatte. Glücklich weise hatte sie immer noch gewissenhafte Angestellte, welchen ein solcher Fauxpas nie passieren würde.