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Henry begab sich fröhlich in den Salon. Wie wundervoll es doch war, jeden Anlass zu einer kleinen Feier zu machen!
Er griff sich eine Tasse Tee und lies sich in einen Sessel fallen, welcher daraufhin geräuschvoll zurückrutschte. Dabei schwabbte der gute Tee leider auf Henrys (bzw. August) Weste, was dieser überhaupt nicht vertragen konnte. Abgesehen davon war der Tee verdammt frisch und heiß!
Erschrocken lies er die Tasse fallen und sprang auf. Der Boden wurde von noch mehr Tee und Porzellansplittern besprenkelt.
Nachdem er mit einer Serviette auf seiner Weste herumgetupft hatte, entschuldigte er sich sofort vielmals bei Alexa. Den Schaden würde er natürlich ersetzen, und sofort sank er auf die Knie um die Splitter aufzusammeln und den Boden abzuwischen. Er kroch sogar halb unter das Sofa, um ganz sicher all den Schaden zu bereinigen.

Beatrice hatte gerade versucht, ihren Mann zu erreichen. Während sie in der Leitung wartete, hörte sie immer mehr Geräusche von unten. Zuerst hatte sie simpel angenommen, dass Alexa heimgekommen war.
Dann glaubte sie, noch mehr Stimmen zu suchen. Doch Alexa war nicht der Typ, der einfach etwas unerlaubtes tat. Dann jedoch hörte sie lautes Gerumpel und noch mehr Stimmen.
Und ihr Mann meldete sich auch nicht! Wütend knallte Beatrice den Hörer auf den Tisch und öffnete wutentbrannt die Tür und lief mit forschen Schritten die Treppe herunter.
Und da sah sie auch schon eine Horde fremder Leute in ihrem schönen Saloon sitzen. Sie sah die Überreste einer Porzellantasse und Flecken auf dem Boden, ein junger Herr der dort kniete, um die Misere zu lindern und Alexa, die hilflos dort stand. Alexa! Die konnte was erleben.
"Was ist hier los?! Alexa! Ich erwarte dich in der Küche!"
Beatrice versuchte, ihre Wut ein wenig zu zügeln, doch es gelang ihr nur schwer. Was war denn hier los?! Einmal gab sie Alexa einen freien Tag und schenkte ihr (gegen Bezahlung, wie sie noch erfahren würde) ihren Hut und das war der Dank? Das war der Dank??
Als Alexa schließlich mit hängendem Kopf in die Küche kam, hielt Beatrice ihr eine gehörige Standpauke. Es hörte sich weniger so an, als würde eine Angestellte ausgeschimpft, sondern vielmehr als würde eine Mutter mit ihrer übermütigen Tochter reden.
Doch Beatrice merkte schnell die ehrliche Reue, die Alexa verspürte und als diese erklärte, wie es zu dieser Situation gekommen war und es zur Demonstration auch noch blitzte und donnerte, lenkte Beatrice ein wenig ein.
"Nun gut." fing sie an. "Über dein Verhalten und deine Entscheidungen sprechen wir uns morgen. Die anderen dürfen heute Nacht hier übernachten. Stell ihnen bitte die Sachen, die sie benötigen, bereit. Die Dinge, die bisher kaputt gegangen sind, werde ich dir von deinem Gehalt abziehen. Sorge bitte dafür, dass ansonsten nichts mehr kaputt geht. Und ich erbitte mir etwas mehr Ruhe, denn ich muss mich auf meine Arbeit konzentrieren. Nun steh nicht so rum, mach dich an deine Arbeit! Alles weitere werden wir morgen besprechen." Mit dieser glimpflichen Rede wollte sie Alexa vorerst davon kommen lassen.
Nun wollte sie erst einmal wieder einen fremden Detektiv aus einer weit entfernten Stadt anrufen, um ihn der Beschattung ihres Mannes zu beauftragen. Sie hatte schon mehrfach seine Dienste in Anspruch genommen und sie schätzte seine diskrete und ordentliche Arbeit. Sie erhoffte sich in den nächsten Tagen ein Ergebnis, damit sie sich in Ruhe ihre Rachepläne überlegen kann. Hoffentlich würden sie nur diese Spiralstadtleute nicht dabei stören!

Die Fäden, die der Regen zog, verdichteten sich immer schneller zu einem Vorhang, und als der ungeschickte Henry seine Tasse fallen ließ, sah Lucky nach draußen in ein Nichts aus schwarzer Nässe und Dunkelheit, die hin und wieder von einem Blitz durchzogen wurde. Immer dann war der Himmel taghell und man erkannte deutlich, dass die eben noch trockene Straße sich in einen Fluss verwandelt hatte. Lucky fragte sich ernsthaft, wie sie, und auch alle anderen Besucher, diese Nacht ihren Weg nach Hause überleben sollten; und so wie Frau van Basten die gute Alexa in der Küche zur Schnecke machte, würde sie sich ihnen sicherlich nicht als gastfreundlich erweisen. Lucky machte sich ernsthaft Sorgen. Doch dann trat die bedröppelte Alexa durch die Saloontüre und verkündete allen, sich in die oberen Gästezimmer zu begeben, um die Nacht hier zu verbringen. Luckys filligrane Finger umklammerten die Teetasse angstvoll, sie würde keine Minute länger hier bleiben! Jeder Krimi, jeder Mordfilm, JEDE Tragödie, die sie kannte, begann in einem größtenteils leerstehenden Herrenhaus - und wenn die Türe erstmal zu war, entkam keiner mehr diesem Grauen lebendig. Nein! Sie würde hier nicht bleiben!
"Danke, danke Alexa für deine Gastfreundschaft, und dank auch der Frau van Basten ganz herzlich, aber ich muss jetzt wirklich gehen! Es ist spät und.. ich kann unmöglich.."
Herumstotternd und nach Worten ringend stellte sie die Teetasse auf einen der Tische und zitterte unsicher zur Türe. Hoffentlich war es noch nicht zu spät, um zu entkommen und Hilfe zu holen! Besonders um Capra sorgte sie sich sehr, aber die würde schon überleben, bis Lucky mit einem Stoßtrupp der Polizei das Haus stürmen ließ, oh ja! Schlaue Ziege!

Capra genoß die gesamte Situation außerordentlich. Außerordentlich!
Endlich hatte sie einmal die Gelegenheit, das Anwesen der Van Bastens von Innen zu begutachten, und außerdem -
Dies war der Stoff, aus dem Morde gemacht wurden!
Schon während der Tee herumgereicht wurde, beobachtete sie die Gesichter der Gäste - insbesondere Henrys. Ihr war nämlich aufgefallen, dass auf den Böden der Teetassen mit Lippenstift verschiedene Nummern geschrieben waren. Capra erhielt die mit einer großen 6 marktierte. Das deutete doch verdächtig - überaus verdächtig - aus einen Vergiftungsplan hin!
Vorsichtig schüttete die Ziege etwas aus ihrer Teetasse in ein Reagenzgläschen, dass sie sorgfältig verstöpselte und in einer ihrer zahlreichen Manteltaschen verschwinden lies. Sie trank natürlich nichts!
Henry galt ihre besondere Aufmerksamkeit, da sie über den Tag hinweg bemerkt hatte, dass Alexa ihm immer wieder verstohlene Blicke zugeworfen hatte. Die plante doch etwas! Sie plante, Henry zu ermorden!
Die ganze Übernachtungsgeschichte war von ihr inszeniert. Und in der Nacht würden vermutlich noch mehr Opfer folgen. Zum Glück war Capra unter den Gästen, denn sie würde sich nicht so leicht austricksen lassen! Und sie würde den Mord aufklären. Ein Motiv würde sich schonnoch irgendwie finden lassen.. Das war im Moment unwichtig.
Als allerdings Lucky ihre Absicht erklärte, zu verschwinden, passte das Capra garnicht in den Kram. Sie brauchte doch Unterstützung in ihren Ermittlungen! Als Biograph hatte sie sich zwar schon August auserkoren - der war für diese Aufgabe eben einfach wie geschaffen - doch als Unterstützung konnte sie Lucky wirklich dringend brauchen!
Lucky wandte sich langsam aber sicher der Türe zu. Capra musste eingreifen! Sie trippelte ihrer Freundin hastig hinterher und zerrte sie an den Schulter, indem sie ihr ins Ohr flüsterte.
"Du kannst jetzt nicht gehen! Ersten gewittert es draußen schrecklich, und zweitens verpasst du sonst den ganzen Spaß. Und du kannst mich doch nicht alleine lassen! Ich brauche doch meine Hilfe!
Hier wird endlich einmal mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit ein Mord passieren! (bei Capra war die Wahrscheinlichkeit für einen Mord immer relativ hoch).
Nein, du wirst hierbleiben! Aber.. Iss nur nichts, trink nichts, und schau, dass über deinem Bett kein schwerer Kronleuchter, kein Ölgemälde oder sonstwas hängt. Dann hast du eigentlich nichts zu befürchten. Ich denke mal nicht, dass Alexa Schusswaffen benutzt, wobei ich vielleicht mal in ihrer Nachttischschublade nachschauen sollte.
Also - du musst einfach hierbleiben! Bitte!"
Aufmunternd nickte sie Lucky zu.

Während Capra sich in ihre Spekulationen hineinsteigerte, weiteten sich Luckys Pupillen angsterfüllt. Einerseits wollte sie der Ziege ihre Bitte nicht abschlagen, zumal sie sehr gut nachvollziehen konnte, dass Capra nicht allein in diesem Haus des Grauens bleiben wollte - andererseits aber wollte sie noch nicht sterben und fühlte sich selbst in Gegenwart ihrer übermütigen Ziegenfreundin nicht viel sicherer. Und sie würden das Haus nicht zu zweit verlassen, das würde Capra nicht mitmachen.
"Ach verdammt.." fluchte Lucky leise. "Na gut, ich bleibe hier, aber ich muss vorher noch irgendein Fenster öffnen oder sowas in der Art, damit wir notfalls entkommen können - und mir etwas zur Verteidigung holen, FU!" Mit diesen Worten verschwand sie aus dem Saloon und kehrte kurz darauf mit einem Messer unter ihrem Kleid zurück. Sie hatte außerdem ein Stück Taschentuch ins Schloss eines Küchenfensters gesteckt, sodass man es nicht abschließen konnte - und es würde keiner die Zeit haben, den Fehler zu finden!


Gerade als Capra sich wieder in den Saloon begeben wollte, durchbrach ein silbriges Klirren die Gewittergeräusche von draußen. Ganz klar - es kam aus dem oberen Stock!
Die Ziege quietschte vor Aufregung. Vielleicht war der Mörder doch nicht unter ihnen, sondern kletterte von draußen herein. Oder er hatte sich heimlich rausgeschlichen, während alle von Luckys unbegründeten Zweifeln abgelenkt waren, um jetzt durchs Fenster einzusteigen und den Verdacht von sich abzulenken. Capra kannte sich mit allen Arten der Verdachtsablenkung bestens aus, immerhin hatte sie zahlreiche Detektivromane studiert!
"Endlich! Der Mörder!" rief sie euphorisch aus, packte Lucky am Handgelenk und stürmte die Treppe hinauf, die anderen wild zu sich winkend. Sie musste immerhin überprüfen, ob auch alle da waren!
"Kommt alle, jetzt fängt der ganze Spaß erst richtig an!"

Aufgeregt lief Beatrice die Treppe hinauf. Was war das nur für ein Tag? Erst erschien dieser Butler und dann brachte Alexa all dies fremde Gesindel in ihr Haus! Waren denn alle verrückt geworden?!
Sie versuchte noch ein paarmal, ihren Mann zu erreichen, doch die Versuche schlugen fehl. Dies reizte Beatrice umso mehr. Sie hatte genug für einen Tag erlebt.
Sie ging in ihr Schlafzimmer, holte etwas Baldrian aus ihrem Nachtschrank, nahm eine gute Dosis und legte sich dann hin. Dieser Tag sollte endlich ein Ende haben.

Capra hatte bereits herausgefunden, wo die Scheibe zu Bruch gegangen war: Eine Tür im Obergeschoß war nur angelehnt gewesen, und in dem Zimmer, vermutlich einem Gästezimmer, lagen zahllose Scherben auf dem Teppich. Auf diese stürzte sich die Hobbydetektivin begeistert. Schon eine kurze Untersuchung mit der Lupe ergab, dass sie erstaunlicherweise tatsächlich von dem zerborstenen Fenster darüber stammten.
Der Fall war vollkommen klar, und Capra verkündete ihre Ergebnisse stolz dem Rest der Gesellschaft.
"Der Mörder ist durch dieses Fenster eingedrungen, was allerdings noch nicht sicherstellt, dass es nicht doch einer von uns ist. Möglicherweise stammt er aber auch ganz von außerhalb. (sie dachte an den mysteriösen Mann, der die Van Bastens nur wenige Stunden zuvor aufgesucht hatte) Er ist vor uns in Treppenhaus gelangt und könnte zu diesem Zeitpunkt bereits überall im Haus sein. Wir werden uns in Zweiergruppen aufteilen und das gesamte Haus durchkämmen!"
Stolz blickte sie in die Runde und wartete auf Reaktionen, und - unterbewusst - auch auf Anerkennung für ihre Glanzleistung.

Alexa hörte unruhig den Schlussfolgerungen zu, die Capra der Gruppe präsentierte. Sie hatte sich vielleicht bei dem Blutfleck geirrt, doch die Scherben, welche hier im ganzen Zimmer verteilt waren, stützen Capras These. Sie hatte bestimmt recht! Doch was wollte der Mörder bei den van Bastens? War er vielleicht doch nur ein harmloser Räuber, welcher auf wertvolle Gegenstände aus war? Doch warum tat er dies, wenn das Haus doch jetzt voller war als irgendwann sonst? Weil ihn das Gewitter schützte?
Oder war es etwa doch ein Mörder? Alexa fröstelte es bei diesem Gedanken. Was sollte sie nur tun, wenn sie womöglich nicht einmal in ihrem eigenen Haus sicher war? Also.. in dem Haus der van Bastens, natürlich.
Sie konnte ja nirgends hin, doch selbst wenn dies möglich wäre- woanders wäre sie doch keinesfalls sicherer.
Capra schlug nun vor, nach dem Mörder zu suchen. Ob das wirklich so eine gute Idee war? Alexa war skeptisch, oder vielleicht auch einfach nur ängstlich.
Außerdem, was würde Madame Basten dazu sagen, wenn all diese Leute das Haus durchsuchten? Aber taten sie es nicht, riskierten sie es, dem Mörder freie Hand zu gewähren! Und das konnte niemals richtig sein! Wie also sollte sie sich verhalten? Sollte sie den Zweiergruppen zustimmen? War das sicher? Doch wer weiß, vielleicht konnte sie zusammen mit Henry gehen? Er würde sie sicherlich beschützen! Er war ein Held, das wusste Alexa.
Und ein wenig Zeit mit ihrem Geliebten verbringen, das war niemals etwas schlechtes.
"Also.. ich glaube, wenn wir uns aufteilen, ist das vielleicht wirklich am besten. Also müssen sich einmal zwei und einmal drei Leute finden. Da.. also, da ich mich ja nun als einzige auskenne, ist es wohl klüger wenn ich zu der Zweiergruppe gehöre.. also.. ich weiß ja nicht.." Sie warf einen hastigen, hoffnungsvollen Blick zu Henry, doch wand sich schnell wieder ab, um nicht zu auffällig zu sein "wer mit mir zusammen gehen würde.. Vielleicht sollten Capra und Lucky zusammen mit einem von euch gehen" erklärte sie, während sie sich nun direkt zu August und Henry drehte "sodass wir Mädchen einen Beschützer haben.. also.. dachte ich mir.."
Alexa wurde etwas rot. Ob sich ihre Hoffnung erfüllen würde? Es wäre zu schön! Bei Henry fühlte sie sich sicher und geborgen und niemand konnte ihr etwas tun, das wusste sie.

Henry ging das ganze etwas zu schnell. Soweit er die Lage überblicken konnte, gab es nichteinmal irgendeinen Anlass zur Vermutung, dass ein Mörder im Haus war. Außer eben der eingebrochenen Fensterscheibe, aber bei dem Wetter konnte es dafür auch tausend andere Gründe geben..
Allerdings gefiel ihm die Idee, die Person (sofern eine im Haus war) zu suchen. Vielleicht konnte man mit ihr reden. Vermutlich war das sogar ein ganz toller Kerl, der einfach keine Lust mehr auf den Reichtum der Van Bastens, sowie ihre ignorante Art hatte. Oder es gab eine verwickelte Liebesgeschichte.. Vielleicht hatte ja jemand im Hause einen Verehrer, der einen Stein gegen die Fensterscheibe geworfen hatte.
Vielleicht.. War seine Geliebte ihm in die Spiralstadt gefolgt! Sicherlich hatte sie all seine Freunde ausgefragt, wohin er in der letzten Nacht geflohen war, und es gegen Abend dann endlich in die Spiralstadt geschafft. Und nun hatte sie mitbekommen, dass er sich in diesem Haus aufhielt und wollte draußen ungestört mit ihm sprechen, um ihm ihre Liebe zu gestehen.
Henrys Wangen röteten sich bei diesem Gedanken, sein Blick wurde verklärt.. Seine Angebetete!
Er musste sie treffen!
Vorsichtig beschaute er das Fenster. Draußen stand jedenfalls niemand, und es gab sogar Kratzspuren am Fensterrahmen, die relativ frisch waren. (Capra hatte zur Stützung ihrer Mörderthese darauf hingewiesen). Folglich war seine Geliebte ziemlich sicher im Haus. Vielleicht hatte sie vermutet, er würde in diesem Zimmer schlafen..
Dass seine Geliebte nun so garnicht zu der Kategorie Frauen gehörte, die bei Nacht und Nebel in Häuser klettern (sie gehörte noch nicht einmal zu der Kategorie, die bei Nacht und Nebel draußen war), hatte Henry vollkommen verdrängt.
Nun, diese Schlußfolgerung setzte weitere Überlegungen in Gang.. Er musste sie natürlich als erstes finden, sonst würde die Situation mehr als peinlich werden. Allerdings konnte er nicht einfach so allein losgehen. Mit wem war es also am wenigsten peinlich, auf seine Geliebte zu stoßen?
Capra und Lucky.. Nein, Lucky würde vollkommen durchdrehen, und Capra war sowieso schon vollkommen durchgedreht. Sie würde vermutlich dennoch irgendeinen Mord vermuten.
Alexa.. Sie wäre sicherlich leicht zu überreden, die beiden in Ruhe zu lassen und die ganze Sache zu vertuschen. Immerhin war sie nur ein ahnungsloses Kind, das die ganze Situation sowieso nicht überblickte. Sie würde einfach weggeschickt werden, mit der Versicherung, dass es sich bei dem "Einbrecher" um eine Bekannte Henrys handeln würde. Sicherlich würde sie nicht mehr vermuten. Sie war so naiv und arglos.. Und dann wäre sie ganze Geschichte erledigt und Henry konnte sich endlich, endlich in die Arme seiner Geliebte stürzen, sie mit Küssen überdecken und überhaupt..
Ja, sein Plan würde vollkommen aufgehen!
Er lächelte August aufmunternd zu. "Gut, möchtest du mit den beiden gehen, dann schaue ich mit Alexa nach."
Obwohl sein Bruder irgendwie einen etwas verwirrten Blick hatte, stimmte er zu, wie immer zu Henrys Ideen.

Alexas Herz schlug ganz schnell, als Henry tatsächlich die lang ersehnten Worte aussprach und sich ihr anschliessen wollte. Ihre Angst vor dem Mörder war tatsächlich beinahe gänzlich verschwunden.
Sie würde mit Henry herumgehen! Wie traumhaft! Er würde sie vor jeglichen Gefahren schützen. Und sollte sie es einmal mit der Angst zu tun haben, würde er sie mit seinen starken, muskulösen, männlichen, gutaussehenden Armen umschließen und ihr jegliche Furcht rauben.
Sie freute sich und musste sich sehr zusammenreißen, dies nicht überdeutlich zu tun.
"Also gut.." meinte Alexa und öffnete die Tür. "Dann gehen Henry und ich nach rechts und ihr nach links. Wir treffen uns in einer Stunde einfach wieder hier und erstatten Bericht. Außer natürlich, wir finden was. Ist das in Ordnung?"
Eine Stunde mit ihrem Liebsten! Konnte es etwas schöneres geben?

Lucky war starr vor Angst. Sie konnte kaum atmen, geschweige denn ein Wort gegen Capras Vorschlag sagen, und so stand sie nur still da und knirschte mit den Zähnen, während der Rest der Gruppe sich aufteilte. Sie glaubte zwar nicht, dass ein Mörder durch den ersten Stock ins Haus eingedrungen war, zumal das Haus der van Bastens ziemlich riesig war und der erste Stock schon gefährlich hoch in der Luft hing, niemand würde da durchs Fenster springen (zumindest nicht von außen). Aber sie teilte die These, dass der Mörder sich im Haus befand und nur darauf gewartet hatte, dass sie alle auf sein Ablenkungsmanöver mit dem Fenster hineinfielen. Doch bevor sie etwas sagen konnte, um Alexa und Henry zu warnen, waren diese bereits aus ihrem Sichtfeld verschwunden - und außerdem brachte Lucky noch immer keinen Ton heraus. Also tapste sie einfach Capra und dem sehr verstört wirkenden August hinterher und schaltete auf ihrem Weg in den Flur das Licht an, zum Glück befand sich der Schalter im Gang neben der Türe, sodass man nicht panisch danach tasten musste. Im Hellen sah das Ganze schon viel besser aus. Lucky atmete auf und schenkte August ein aufmunterndes Lächeln; Capra musste nicht aufgemuntert werden, sie war vermutlich munterer als ein Kinderzirkus an Weihnachten im Streichelzoo mit Eis.

Capra war in der Tat sehr munter. Sie überlegte sich schon, ob sie Vorschlagen sollte, Wanderlieder zu singen, allerdings würde das den Mörder wohl vorwarnen und war unklug. Daher trippelte sie einfach fröhlich in Richtung Gang.
Es beunruhigte sie nur etwas, dass Alexa mit Henry weggegangen war. Vermutlich würde er umgebracht werden, aber immerhin war es dann überhaupt nicht schwer, Alexa den Mord nachzuweisen. Das war doch eine gute Sache!
Auch mit ihrer Truppe war sie überaus zufrieden. Lucky, ihre beste Freundin, musste natürlich dabei sein, und August würde schon sehr bald die Aufgabe ihres persönlichen Biographen übernehmen. Sobald nämlich die Leichen endlich gefunden war. Dann würde er Romane über ihre Ermittlungen schreiben, die alle lesen konnten. Und dann würde ein jeder mit seinen Problemen zu Capra kommen, um ihren Rat zu hören!
Überhaupt, der ganze Tag entwickelte sich prächtig!
Als Lucky das Licht anschaltete, ließ die Ziege einen kleinen, entzückten Schrei los und rannte den Gang entlang, um sich an dessen Ende auf den Boden zu werfen. Sofort zückte sie ihre Lupe und untersuchte den frischen roten Fleck, den ihre scharfen, auf Mord trainierten Augen auf dem Teppich erspäht hatten. Schnell rief sie die beiden anderen herbei.
"Blut! Definitiv Blut! Spuren von Blut!" Sie beugte sich erneut auf den Boden, bis sie fast mit der Nasenspitze an die Spuren stießn. "Felis!" rief sie aus. "Ein Katzenartiges Wesen ist der Mörder! Oder.. Der Komplize."
Sie dachte an Alexa. Vermutlich war die ganze Sache ziemlich schlau geplant. Hätte sie der kleinen garnicht zugetraut. Aber vielleicht konnte der Komplize Aufschluss über ein Mordmotiv geben.
Sie nickte den anderen zu und deutete auf die nächste Tür. "Die Spuren verschwinden hier. Wir sollten reingehen.. Vorsicht jetzt"
Mit diesen Worten sprang sie auf und riss die Türe auf. Dann winkte sie die anderen fröhlich hinein.
Drinnen war es vor allem eines: dunkel.

Nachdem Alexa und Henry einige dunkle Gänge entlanggeschlendert waren (zumindest war Henry geschlendert), beschloß Henry, dass es irgendwie ziemlich langweilig war, so schweigend herumzulaufen. Er war sowieso in Hochstimmung, und wenn er in Hochstimmung war, wurde er immer redseelig.
Zwar war im Moment nur Alexa da, doch das störte ihn nicht. Gelegentlich unterhielt er sich auch gerne einmal mit Kindern. Leider fiel ihm nichts wirklich ein, was ihn an Alexa interessierte. Also erstmal bei den allgemeinen Dingen bleiben..
"Wie lange leben die Van Bastens eigentlich schon in der Spiralstadt?"

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