August sah schon, dass das Vergnügen noch den ganzen Tag - oder länger - dauern konnte, falls niemand eingriff. Und das würde wohl mal wieder an ihm hängen bleiben.. Zum Glück war die Erde wirklich recht locker. Brav kniete er sich neben Capra und begann, mit den Händen darin herumzugraben. "Los Henry, hilf mal mit und steh nicht nur mit waidwundem Blick herum!" Henry half tatsächlich brav. Das war der Vorteil an der Depressiven Phase seines Bruders - er war zur Abwechslung mal still und tat wie eine Maschine das, was man ihm sagte. Leider würde sie nicht lange währen. Das nächste weibliche Wesen das er erblickte, war verdammt dazu, seine neue Auserwählte zu werden.
Als August seinen Bruder im Matsch sitzen sah, konnte er nicht anders, als herzhaft loszulachen. Anscheinend hatte dieser morgendliche Spaziergang doch einen Sinn! Nachdem er sich einige Sekunden an Henrys entsetztem Gesichtsausdruck gelabt hatte, bekam er jedoch fast ein schlechtes Gewissen und streckte ihm die Hand entgegen. Fasziniert beobachtete er seinen Bruder dabei, wie er seine Frisur korrigierte und dabei großzügig Schlamm in seiner Lockenpracht verteilte. Anschließend bot er ihm sein Taschentuch an. Sosehr ihn dies auch belustigte, fürchtete August, dass sie laut Capra den Fluss auf direktem Wege hier überqueren mussten. Und er hatte nicht das geringste Interesse daran, ebenfalls nass zu werden, wenn auch nicht wie Henry aus modischen, sondern eher aus gesundheitlichen Gründen. Immerhin war es schon recht kühl und nieselte zudem. Er musterte das Hinderniss. Das Bächlein war nicht sehr tief und auch nicht sehr breit. Am Ufer lagen zahlreiche dickere Äste. "Vielleicht könnten wir eine Brücke improvisieren?", schlug er der Gruppe vor.
August war gerade dabei zu tun, was er um diese Zeit normalerweise immer tat, wenn er bis zum Morgengrauen durch sein Teleskop gestarrt hatte - schlafen. Und das nächste an das er sich erinnern konnte war, dass Capra in seinem Wohnzimmer stand und seinen Namen rief. Zunächst versuchte er, seinen Kopf unter dem Kissen zu verstecken, doch als durch diese minderwertige Lärmschutzvorrichtung die Frage "August, wurdest du ermordet? Soll ich den Mörder finden?" drang, hatte er doch zu viel Angst um sein Mobiliar. Seufzend zog er sich seinen Sternenmuster-Morgenmantel über und trottete ins Wohnzimmer. Innerhalb weniger Minuten hatte Capra ihm einen starken Tee - vermutlich unvergiftet - vorgesetzt und ihm irgendwas von einer Schatzsuche erklärt. Bei dieser würde seine Funktion als ihr persönlicher Biograph benötigt. Er hatte immernoch keine Ahnung, wie er eigentlich zu dieser ehrenvollen - und ziemlich anstrengenden - Aufgabe gekommen war. Auch Henry, der irgendwann zwischen den Erklärungen von seinem morgendlichen Spaziergang zurückkam und bedauerte, dass er sich doch nicht im Fluss der Spiralstadt (August hätte es eher als Bächlein bezeichnet) ertränkt hatte (August bezweifelte, dass das überhaupt ging) wobei ihm Capra zustimmte, wurde in die Sache mithineingezogen. Und so standen sie wenige Minuten später vor der Dorfkirche.
August musste sich wirklich sehr zusammenreißen, um nicht irgendeinen besserwisserischen Kommentar wegen dem Kätzchen abzugeben. Capra sah zwar nicht unbedingt enttäuscht aus, aber er wollte sie auch nicht irgendwie verletzen.
Luckys Vorschlag zu gehen kam ihm sehr entgegen, immerhin war es schon dunkel und der Regen hatte auch aufgehört. Zwar konnte man bei einer derart bewölkten Nacht nur schwerlich Sterne beobachten, aber die Gewitterwolken, vom derzeit herrschenden Vollmond angestrahlt, würden sicherlich wundervoll aussehen. Außerdem bemerkte August, dass sein Bruder gerade Anstalten machte, sich selbst an der Hausbar der van Bastens zu bedienen. Wenn sie noch länger blieben, würde er aus dem ganzen Treffen noch eine rauschende Feier machen und dann betrunken bei August herumhängen. Also packte er Henry sehr liebenswürde, aber bestimmt, am Arm und zog ihn von den Schränken mit Hochprozentigem weg. Warum musste er eigentlich auf Henry aufpassen? Immerhin war August der jüngere Bruder!
Lächelnd wandte er sich an die drei Mädchen. "Ja, das halte ich für eine sehr gute Idee, immerhin hat das Gewitter schon aufgehört und es ist ja auch schon relativ spät. Vielen Dank, dass wir hier warten durften. Man sieht sich sicher morgen."
Mit diesen Worten zog er seinen weniger begeisterten Bruder aus dem Haus der van Bastens.
August fand diese ganze "Mörder-Geschichte" einfach nur ziemlich verwirrend und übertrieben. Gewiss lebte er jetzt doch schon einige Wochen in der Spiralstadt und hatte auch schon einige Begegnungen mit Capra gehabt. Eigentlich mochte er seine neue Nachbarin ja auch ganz gerne, zumindest hörte sie ihm mit Interesse zu, wenn er über seine Sterne redete, was der Astronom nicht gerade häufig erlebte.
Natürlich, sie erklärte sowieso jeden Tag, dass es irgendein Verbrechen gegeben hatte, daran hatte er sich ja mittlerweile gewöhnt. Doch derart in Aktion hatte er die passionierte Detektivin noch nie erlebt. Lucky ihrerseits glaubte natürlich jedes Wort, und August selbst kam sich zwischen den beiden wiedermal ziemlich nüchtern und phantasielos vor. Besondere Sorgen machte ihm ein Gedanke: Was, wenn sie einfach nichts und niemanden finden würden? Ein Fenster konnte in solch einer stürmischen Nacht gut und gerne von alleine zu Bruch gehen, und Flecken auf dem Teppich sowie Risse in der Tapete gab es wohl in jedem größeren Haus irgendwo. Wie sollte er die beiden nur davon abbringen, die ganze Nacht, und womöglich morgen noch, weiterzusuchen, wenn es doch nichts zu finden gab?
Er war sich noch nicht ganz schlüssig, wie er sich verhalten sollte, als Lucky ihn zu allem Überfluss auchnoch nach seiner Meinung fragte. Das ganze aufzustacheln musste er auf jeden Fall vermeiden, doch auch seine nüchterne Erklärung würde sicher keinen Anklang finden, sie war zu langweilig für Capra. Brav beugte er sich ebenfalls zu der "verdächtigen Stelle" hinab und begutachtete sie durch Capras Lupe, die ihm sogleich gereicht wurde. Es handelte sich um mehrere kleine Risse, die relativ parallel verliefen, wie er nun erkennen konnte. Sie erinnerten ihn einfach nur an.. Katzenkratzer? Und er war sich auch ziemlich sicher, dass es sich darum handelte, und nicht etwa um Spuren von Jack the Rippers Messer, mit dem er zuvor einer Frau in den Innereien herumgeschnitten hatte.
Vorsichtig wandte er sich an Lucky. Würde er eben die Wahrheit sagen, glauben würde man ihm sowieso nicht, und immerhin hatte er sich dann hinterher nichts vorzuwerfen, wenn es um irgendwelche wilden Verdächtigungen ging.
"Für mich sieht es einfach aus wie Kratzspuren von einem Kätzchen oder einem ähnlichen Tier. Vermutlich sind sie schon eine ganze Weile hier und haben nichts mit dem Fenster zu tun."
August hatte Alexas prüfenden Blick auf Luckys Muffins sofort bemerkt. In diesem schwang ein Hauch von Eifersucht mit. Henry hatte immernoch keinen von ihren Keksen freiwillig gegessen, und nun starrte er Luckys Muffin schon fast eine ganze Minute verliebt an. Irgendetwas musste geschehen! Er konnte es nicht ertragen, wie er sich immer und immerwieder unhöflich gegenüber Alexa benahm. Warum musste er überhaupt derart auf seinen großen Bruder aufpassen?
In ungemeiner Geschwindigkeit stopfte sich August die eine Hälfte seines Muffins in den Mund, lies die andere Hälfte in seinem Ärmel verschwinden und entriss Henry seinen Muffin. "Diese Muffins! Sind wirklich ausgezeichnet! Vielen Dank Lucky! Wir haben hier auchnoch Muffins von Alexa. Mit Schokolade. Passt wundervoll zu Blaubeeren!"
Er drückte seinem Bruder einen Schokomuffin in die Hand. Er sollte jetzt sofort etwas von Alexa essen, wenn er sie schon zum Picknick einladen musste und sie extra für die beiden gebacken hatte. Wie kam es überhaupt, dass sein Bruder unter Menschen in der Stadt lebte, und August hier in dem kleinen Dörfchen..
August seufzte. Warum hatte Alexa auch unbedingt Politik und Gesellschaft ansprechen müssen? Und warum musste sein Bruder immer unbedingt alle von seinen Idealen überzeugen? Wenn er doch wenigstens still und leise seine Bücher schreiben würde. August teilte seine Ansichten zwar weitgehend, allerdings gab es für ihn neben der Politik und ähnlichem auchnoch bedeutend wichtigeres auf der Erde - und vor allem darüber hinaus.
Nun wollte er möglichst abwenden, dass Henry sich in eine ewige Diskussion hochschaukelte und verbohrte.
"Henry, du solltest die Kekse wirklich probieren! Und die Törtchen hier, sie sind wundervoll!"
Und gerade als sein Bruder den Mund wiedermals öffnete, reagierte August schnell und stopfte ihm den dicksten Keks hinein, den er hatte finden können. Hoffentlich war Henry sensibel genug, diesen.. Wink mit dem Zaunpfahl.. Zu verstehen. Inzwischen wunderte es August kaum, dass sein Bruder bei den Damen seines Herzens keinen großen Erfolg hatte. Zumindest, da er sich immer in die falschen verliebte. Bei den konservativen Beamtentöchtern der Stadt kamen seine Ideen wohl ähnlich wenig an, wie bei Alexa.
August wunderte sich kaum über das merkwürdige - und Alexa gegenüber wohl auch unhöfliche - Benehmen seines Bruders. In den letzten Jahren hatte er unzählige dieser Phasen miterlebt. In ein paar Wochen würde es vorrüber sein, sein Bruder würde in tiefste Depressionen und Selbstmordgedanken versinken, und kurz darauf hätte er eine neue Liebe seines Lebens gefunden. August würde seinen Bruder ehrlichgesagt wirklich gerne einmal verheiratet - oder wenigstens in festen Händen - sehen, um diese dauernden Schwankungen zu unterbinden. Leider hatte er darauf in allzunaher Zukunft keine Hoffnung.
Also würde der Smalltalk-Teil wiedereinmal an ihm hängen bleiben. Er versuchte, seinen abgedrifteten Bruder zu ignorieren und lächelte Alexa freundlich an. "Wie ich sehe hast du schon alles vorbereitet. Einen schönen Platz hast du ausgesucht, und die Kekse sehen auch ganz vorzüglich aus! Nicht wahr, Henry?" Henry zupfte nur geistesabwesend an einem Gänseblümchen herum und schien ihn nicht zu hören. "Jedenfalls.. Vielen Dank für das ganze Essen. Es ist schön, dass du uns begleitest. Mein Bruder wohnt nicht hier, und ich selbst komme auch nur selten in Kontakt mit den Stadtbewohnern." Er knabberte an einem Keks. Sie waren wirklich hervorragend! "Willst du auch einen Keks Henry? Sie sind wirklich hervorragend!" Und August steckte seinem Bruder einen Keks in die Hand, den dieser verträumt anstarrte.
August war nun wirklich auch ziemlich mit der Situation überfordert. Aus dem Gestammel des Mädchens konnte er entnehmen, dass es in der Spiralstadt einen Mord gegeben hatte - laut dem Ziegenmädchen.. Der einzige Beweis hierzu schien ein roter Fleck auf der Straße zu sein - der so ziemlich alles andere außer Blut sein konnte.
Er schielte zu seinem Bruder hinüber, der immernoch unglaublich perplex und sprachlos (was bei Henry wirklich selten war) auf dem Cheselon lag und sich seinen Kopf hielt. Zumindest schien er keinen bleibenden Schaden erhalten zu haben.
Als Alexa dann auchnoch zu Schluchzen begann, fühlte August sich verantwortlich, irgendetwas zu unternehmen. Leider konnte er mit Damen - oder eher Mädchen, eine Dame konnte man das junge Dienstmädchen ja wohl kaum nennen - nicht halb so gut umgehen wie sein Bruder. Der wüsste jetzt bestimmt, was er tun müsste. Etwas hilflos legte August also seinen Arm um Alexas Schulter, manövrierte sie zu einem der Sessel und versuchte, ein paar tröstliche Worte zu finden und versicherte ihr, dass er ihre Angst wegen des Mörders verstehen würde, sie sich deshalb aber keine Sorgen machen sollte, weil laut Capra so ziemlich jeder in der Spiralstadt ein Mörder war, es hier aber noch nie eine Leiche gegeben hatte. Außerdem war Henry ja nicht passiert, und überhaupt. So ein Fehler konnte schließlich jedem unterlaufen. Das gab maximal eine dicke Beule und einen Bluterguss, vielleicht auch eine Gehirnerschütterung und Henry würde für ein paar Stunden nur schwarz-weiss sehen. Tötliche innere Blutungen höchstwahrscheinlich nicht, und zudem war es ja auch bei weitem nicht das erste Mal, dass sein Bruder etwas auf den Kopf bekommen hatte. So brabbelte er unbeholfen auf das schluchzende Mädchen ein. Hoffentlich hörte sie bald wenigstens auf, zu weinen!
August hatte bisher kaum Zeit gehabt, darüber nachzudenken, was gerade geschehen war. Henry hatte nochmals kräftig gegen die Haustür geschlagen, sie hatten Schritte gehört, die Tür hatte sich geöffnet, und plötzlich.. Ein lauter Schlag und sein Bruder lag am Boden! In der Tür war das merkwürdige Hausmädchen gestanden, genau das, das vorhin die Sauerei im Restaurant verursacht hatte..
Nun stand er ratlos in der Wohnung des Ziegenmädchens, die Hände reichlich verlegen in seinen Hosentaschen, und schaute auf seinen Bruder hinab, der auf einem Cheselon lag, von Kissen gestützt. Das Mädchen schien in der Tat reichlich entsetzt zu sein, und außer dass es ihr leid tat, hatte August bisher auch noch keine Erklärung von ihr gehört.. Auch Henry schien noch einigermassen unter Schock zu stehen und lag still und verwirrt auf seinem Sofa. Noch immer sehr verlegen rieb er sich die Schläfen. "Ich entnehme all dem, dass es sich um ein Missverständnis handelte, als mein Bruder die Bratpfanne auf den Kopf bekam.. Doch.. Für wen hast du uns gehalten?"
Was machte das Mädchen überhaupt im Haus der Detektivin? Sie hatte doch nicht etwa am Ende selbst den rätselhaften Zettel an seine Türe gehängt? Hatte sie etwa ihn niederschlagen wollen? Er war wirklich äußerst verwirrt. Zudem kannte er sie doch sogut wie überhaupt nicht.
August und Henry hatten ihre kleine Besichtigung der sehr einzigartigen Spiralstadtkirche abgeschloßen und waren auf dem Weg nach Hause. Henry hatte den Kirchenbesuch als Anlass genommen, mehrere Gedanken über Glaubensfreiheit vorzubringen, und so waren die Brüder noch ins Gespräch vertieft, als sie vor Augusts Haustür ankamen. Dort sahen sie zu ihrer Überraschung einen großen, orangenen Zettel prangen, der allem Anschein nach aus einem Notizbuch ausgerissen war. In schludriger, geschwungener Schrift konnten sie lesen:
"Kommt unauffällig zum Haus nebenan. Lasst euch nicht verfolgen. Ich kenne euer Geheimnis und muss mit euch reden. Eine Freundin."
Die beiden sahen sich verwirrt an. Das Haus nebenan.. Es konnte sich nur um das den Ziegenmädchens handeln, über dessen Türrahmen in orangenen Buchstaben "Capra, Privatdetektivin" geschrieben stand. August hatte insgeheim ja schon immer die Vermutung gehabt, dass das Mädchen irgendwie.. Nicht ganz richtig im Kopf war. Zumindest hatte sie bisher jedesmal, wenn sie miteinander geredet hatten, etwas von Morden, Erpressung, Blut und so weiter geredet. Andererseits hatte sie auch reges Interesse an seinen Sternenforschung, was ihm bisher noch nicht allzu häufig untergekommen war. Doch.. Was für ein Geheimnis war gemeint? Er seufzte und wandte sich an seinen unwissenden Bruder. "Wir sollten besser gleich vorbeischauen. Ich traue ihr zu, dass sie sonst mein ganzes Haus mit Fingerabdruckpuder bestäubt.."
Und so schlenderten sie zum Haus der Ziege hinüber und klopften, noch immer etwas verwirrt, an die Haustür. Als keine Reaktion kam, klopfte August nochmals. Sie klebte doch nicht etwa Zettel mit.. Nunja, Einladungen.. An anderer Leute Haustüren um dann selbst nicht da zu sein..
August und Henry hatten ihre Mahlzeit nach der kurzen Unterbrechung gebührend beendet und machten sich nun auf den Weg zur Besichtigung der Dorfkirche. Anschließend würden sie nach Hause zurückkehren und gegen späten Nachmittag ein Picknick im Park einnehmen.
August war sehr begeistert davon, dass sein Bruder ihn schließlich doch einmal in der Spiralstadt besuchte. Er brannte darauf, ihm all die einzigartigen Bewoher vorzustellen und überlegte bereits, wie er eine kleine Feier organisieren konnte. Obwohl er erst relativ kurze Zeit in der Spiralstadt lebte, war er bereits mit den wichtigsten Einwohnern einigermassen vertraut, etwa Fy, der Köchin, Capra, der durchgedrehten Detektivin, und auch Nathan, dem mysteriösen Pfarrer. Abgesehen davon interessierte es ihn natürlich auch, was Henry so machte. Er ahnte bereits, dass er wieder Schwärmereien von dem ein oder anderen Mädchen zu hören bekommen würde.
So machten sie die beiden Brüder auf zu ihrem kleinen Rundgang, und beide hatten den kleinen Zwischenfall bereits vergessen.
August war mit seinem Bruder Henry ebenfalls auf dem Weg zu Fys Restaurant. Er war noch relativ müde, und das, obwohl er gestern kaum dazu gekommen war, irgendwelche Sterne zu beobachten. Stattdessen war sein Bruder um ungefähr 1 Uhr plötzlich vor seiner Tür gestanden, mit ziemlich malträtierter Kleidung und Zweigen sowie Stroh im Haar. Kaum hatte er sich mit einem Glas Brandy versorgt, erzählte er August, wie es dazu gekommen war: Irgendeine krumme Aktion, Parolen an der Hauswand eines korrupten Richters, und im falschen Moment die Polizei.. Henry hatte es, nach mehreren Unannehmlichkeiten geschafft, zu fliehen, und dann beschloßen, dass nun genau der Richtige Zeitpunkt für einen Besuch bei seinem kleinen Bruder wäre. Dieser lebte ja immerhin schon ein paar Wochen in der Spiralstadt und Henry hatte noch nie vorbeigeschaut. Anschließend hatte er August bis zum frühen Morgen von Politik, Literatur, Mode und Feiern vorgeschwärmt, sodass dieser sich wahrlich nichtmehr auf Wissenschaft konzentrieren konnte. Wie dem auch sei, August hatte sich natürlich gefreut, seinen Bruder wiederzusehen und wollte ihn nun etwas mit der Spiralstadt, seiner neuen Heimat, bekannt machen. Zuerst ging es natürlich zu einem herzhaften „Frühstück“ ins Restaurant. So schlenderten die beiden die Straße entlang, und August erfuhr endlich von Henry, dass sein Anzug einen völlig veralteten Schnitt hatte.
Name: August Kennington Alter: 21 Größe: 1,84m Familie: Seine Mutter kommt aus einer relativ reichen Adelsfamilie, verliebte sich aber in Augusts bürgerlichen Vater. Ihre Eltern waren mit der Beziehung keineswegs einverstanden, genehmigten aber eine Heirat, als sie nach einigen Jahren mit Henry schwanger war. Dadurch verlor sie ihren Adelstitel. Ihre Familie wollte nach der Heirat nichtmehr allzuviel mit ihr zu tun haben, sie allerdings auch nicht im Stich lassen. Daher schenke sie dem jungen Ehepaar ein Landgut, auf das sie sich gefälligst zurückzuziehen hatten. Augusts Vater ist ein recht angesehener Arzt, sodass die Familie keine großen Geldsorgen hatte. Weiterhin verehrten seine beiden Eltern die deutschen Romantiker (dadurch hatten sie sich auch kennengelernt, im Theater). So sind die für englische Verhältnisse etwas seltsam anmutenden Namen ihrer Söhne zu erklären. Zu seinem zwei Jahre älteren Bruder Henry, sowie zu seiner 19-jährigen Schwester Viola hat er ein sehr gutes Verhältnis. Biographie: August wuchs auf dem Landgut seiner Eltern, einige Meilen außerhalb der Spiralstadt, auf. Dort verlebte er eine vorwiegend sehr glückliche Kindheit und Jugend. Da er glücklicherweise nur der zweitgeborene Sohn war, ließen seine Eltern ihm viel mehr Freiraum, als seinem älteren Bruder Henry. Das benötigte der junge August auch, denn Politik, Geschichte und Gesellschaft interessierten ihn herzlich wenig. Und so kam es, dass er sich von abendlichen Feiern stets davonstahl, um im weitläufigen Garten der Familie die Sterne anzuschauen.Dies tat er, kaum dass er selbst mobil genug war, sich des nachts hinauszuschleichen, jede einzelne Nacht stundenlang. Ihn beschäftigten tausende von Fragen, die ihm keiner beantworten konnte. Durch seine nächtlichen Ausflüge war er tagsüber immer relativ ruhig und träge, weshalb seine Eltern sich große Sorgen um ihn machte und verschiedene Ärzte kommen ließen. (Sein Vater war mit seinem Latein am Ende) Diese lebten dann einige Wochen oder Monate auf dem Gut, um verschiedene komische Behandlungen an August auszuprobieren und schließlich wieder zu verschwinden. Nach einigen vergeblichen Versuchen traf es sich, dass einer der hergerufenen Ärzte sich in seiner Freizeit mit Astronomie beschäftigte. So baute er in einer Nacht draußen sein Teleskop auf, und die beiden Sternengucker begegneten sich. Endlich wurden August brennendste Fragen beantwortet, und neue wurden in ihm entfacht. Er verbrachte alle folgenden Nächte mit dem Arzt beim Sternengucken,und schon nach wenigen Tagen brachte dieser Augusts Eltern seine Diagnose betreffs der täglichen Müdigkeit ihres Sohnes, sowie einen Behandlungsvorschlag vor: August sollte ein eigenes Teleskop bekommen und so bald wie möglich weiterführend in Astronomie unterrichtet werden. Die Eltern stellten den Arzt kurzerhand als Augusts neuen Lehrer ein, und ein bis zweimal pro Woche reiste dieser an, um das fieberhafte Interesse des Jungen zumindest ansatzweise zu stillen. Wäre August der erstgeborene gewesen, wäre ihm der Luxus, sich mit einer derart brotlosen Kunst zu beschäftigen, sicher nicht gestattet gewesen. Doch so waren seine Eltern einfach nur froh, ihren bisher tagsüber so träge wirkenden Jungen aufblühen zu sehen. Kaum dass er alt genug war, zog August zum studieren zu einem Astronomen in die Stadt, und nach seiner umfangreichen Ausbildung kehrte er garnicht erst auf das Gut seiner Eltern zurück, sondern erwarb, auf den Ratschlag seines älteren Bruders hin, gleich ein Häuschen in der Spiralstadt, um seine eigenen Forschungen aufzunehmen. Finanziert wird er vorwiegend von seinen Eltern, abgesehen davon hat er einiges an Ausrüstung von seinem Tutor bekommen. Dasein: August verbringt seine Tage mit der Lektüre verschiedener wissenschaftlicher Werke, und jede klare Nacht betrachtet er durch seine diversen Teleskope den Sternenhimmel. Dabei führt er verschiedenste Messungen durch. Er plant, diese zu einem umfassenden Werk der Astronomie zusammenzutragen und dann zu veröffentlichen. Weiterhin sucht er nach Möglichkeiten, zum Mond zu reisen, einer seiner größten Träume. An einem typischen Tag steht er gegen Mittag auf, frühstückt auswärts, verbringt dann den Tag im Park mit einer Lektüre oder in der Gesellschaft anderer Stadtbewohner und steigt, sofern die Nacht klar ist, auf das Dach seines Hauses um seine Studien durchzuführen. Bei bewölkten Nächten geht er meist einfach spazieren.
Charakter: August ist ein sehr ruhiger, eher überlegter und verstandsgeprägter Mensch. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht zu utopischen Träumereien und Schwärmereien neigt. Obwohl er sich in großen Menschenmassen nicht wohlfühlt, und sich auch gut und gerne wochenlang in seinem Haus verbarrikadieren kann, wenn er gerade mit wichtigen Forschungen beschäftigt ist, ist er keineswegs menschenscheu und schätzt eine gute Unterhaltung, besonders mit seinem Bruder Henry oder anderen Spiralstadtbewohnern. Aussehen: August legt zwar Wert auf ein gepflegtes und einigermassen ordentliches Aussehen, investiert aber keineswegs viel Geld oder Gedanken in seine Kleidung. Er ist relativ groß und leicht dürr, vermutlich durch den wenigen Schlaf. Weiterhin ist seine Haut ziemlich bleich, genauso wie sein hellbraunes Haar und seine hellblauen Augen.